Drecksspiel [Rezension]

Drecksspiel: Thriller von [Krist, Martin]„Krist führt den Leser absichtlich an der Nase herum, lässt ihn die ganze Zeit wissen, wer hier die „Spielchen spielt“.“

 

Autor: Martin Krist

 

Preis: 10,99€ (TB), 3,99€ (Ebook)

 

Verlag: R&K

 

Seiten: 340

 

Inhalt

David Gross, ehemaliger Polizist und nun als Problemlöser für einen Anwalt tätig, ermittelt im Fall einer entführten Tochter aus gutem Hause. Doch es ist nicht alles Gold, was glänzt. Denn Berlin wartet mit finsteren Ecken, zwielichtigen Typen, bösen Gedanken und blutigen Taten.

Meinung

Optisch spricht mich das Buch, sowie die Folgebände, sehr an. Sowohl untereinander als auch im Speziellen ist das Cover stimmig und unterstützt sowohl Titel als auch Inhalt von „Drecksspiel“.

Zugegeben, als ich den Klappentext gelesen habe, musste ich zunächst an einen typischen Thriller mit Ermittler, Mord und Totschlag denken, wurde dann jedoch schnell eines Besseren belehrt, denn die Inhaltsangabe verrät nur eine der vielen Geschichten in der Geschichte.

Martin Krist ist für mich wirklich der Meister der anspruchsvollen Thrillerliteratur. Der Leser wird zum Mitdenken gezwungen, anders könnte man die unzähligen Handlungsstränge überhaupt nicht verfolgen. Innerhalb der ersten Seiten lernt man extrem viele Personen und deren Leben kennen. Ein junges Paar, das auf dem Weg ins Wochenende ist; David Gross, einen Problemlöser, im Fall einer Entführung ermittelnd; Toni Risse, der seine Zeit nicht in der Mordkommission sondern in Clubs und mit Drogen verbringt;  die Szene von Berlin, die dreckigen Verbrechen und fiesen Machenschaften, Korruptionen, Intrigen, Folter, Missbrauch – alles.

Krist fährt die ganze Palette auf und erzählt in kurzen Momenten, gibt dem Leser wenig Möglichkeiten, mal Luft zu holen, auszuatmen. Oft sind die einzelnen Perspektiven nur wenige Zeilen bis knappe Seiten lang und endeten bei mir oft mit noch mehr Fragezeichen. Es ergibt irgendwie alles keinen Sinn, wer versucht, ein Muster zu erkennen, wird voraussichtlich scheitern, denn die Handlungsstränge sind ein komplexes Konstrukt aus Handlungen und Erlebnissen verschiedener Personen. Krist führt den Leser absichtlich an der Nase herum, lässt ihn die ganze Zeit wissen, wer hier die „Spielchen spielt“. Ob nun Cliffhanger zum Ende einer Szene oder das plötzliche Aufeinandertreffen der Figuren, nur um dann zu zeigen, dass es ja wirklich nur Zufall war, spannende Wandlungen und unheimliche Charaktere – er kann alles.

– Fast alles. Hier und da war es, wie auch schon bei „Freak City“ zu viel Energie, ein paar wirkende Momente und eine Pause hätten ehrlicherweise gut getan. Die Figuren brauchen Platz zum Atmen, sie müssen mal stillstehen, um dann weiter am Finale zu „arbeiten“. Hier zahlt der Autor vielleicht den Preis für die großartig konstruierte Story, der es zwischenzeitlich einfach an Ruhe fehlte. Ich brauche keine Langeweile oder zu viele Details aber eine „Ruhe vor dem Sturm“, die eben dadurch den Höhepunkt der Spannung aufbaut, auch wenn mal nichts passiert.

Doch apropos Figuren. Hier liegt eindeutig die Stärke dieses Romans, es sind so viele, doch niemand wirkt Fehl am Platz. Die Dialoge passen sich der aktuellen Szenerie extrem gut an und ich mochte die, zum Teil doch sehr vulgäre Sprache, da sie einfach ins Setting, zum „Drecksspiel“, zu Berlin und dem Untergrund passt. Besonders David Gross hat es mir angetan, ich kann gar nicht genau sagen, warum er, doch durch seine Art, die Handlung zu tragen und durch seine Funktion als Pol der Geschichte– ohne zu viel verraten zu wollen – hat er dem Thriller einfach einen zusätzlichen Charme verliehen. (Kann man bei diesem düsteren Thriller noch von „Charme“ sprechen?)

Und dann, plötzlich, war es vorbei. Einfach so. Ich weiß nicht, was ich erwartet habe, aber es war tatsächlich vorbei. Aus. Also so richtig, ohne, dass es ein Ende, ein Finale, den Schlussapplaus und Ovationen gab. Ein Cliffhanger vom Feinsten und die schockierende Nachricht, dass Teil 2 VOR „Drecksspiel“ spielt. Ein Moment, den man sich wünscht, denn dadurch wird neues Potential für Teil 3 geboten; und gleichzeig verflucht, so fies kann man doch gar nicht sein! Für mich definitiv eine Neuheit: ein Krimi in mehreren Teilen, dessen Ende nur teilweise gefunden wurde. Somit schlägt Krist natürlich auch gleich die Brücke, um alten Charakteren einen neuen Auftritt, eine Geschichte zu geben – wenn er das schafft, gibt es Ovationen und einen Schlussapplaus der Extraklasse! Für diesen Teil gebe ich 4,5/ 5 Sterne. Eine Geschichte, die viel Potential nutzt, sich an verschiedenen Themen bedient und durch ihre Komplexität überzeugt. Hier und da ein paar Momente mehr, ein paar Szenen, die länger stehen und es gibt die vollen Sterne. Ich bin gespannt, was die nächsten Teile können!

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