Er ist wieder da (eine Theaterreview)

«Satire muss Tabus aufgreifen und Rassismus karikieren dürfen, damit das Publikum aufgeweckt wird. Zensurierte Satire ist wie ein Skalpell ohne Klinge, wirkungslos. Grundsätzlich muss Satire alles dürfen – solange sie nicht verleumdet oder den simpelsten gesellschaftlichen Anstandsregeln widerspricht. Einfach so, ohne grösseren hintergründigen Gedanken auf jemanden niederhacken ist lediglich aggressiv und einfältig.» – Fabienne Bühler in Blick am Abend

Hallo ihr lieben, ich war gestern im Theater bei ER IST WIEDER DA und wollte euch mal ein bisschen erzählen, wie es mir so gefallen hat und ob die Theaterversion mit dem Buch und Film mithalten kann.

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Ich muss sagen, dass ich am Anfang etwas skeptisch war, es war alles etwas chaotisch und wirkte irgendwie planlos. Das typische „Schnarren“ von Hitler war gewöhnungsbedürftig und zunächst wirklich schwer zu verstehen. Noch nach den ersten holprigen Minuten wurde es besser und besser, es kam eine gewisse Struktur hinzu und die Pointen konnten nach und nach mehr zünden. Man konnte sich an das dauerhafte Staccato gewöhnen und wurde nicht mehr so krass überrollt, wenn „Der Führer“ zu seinen Monologen ausschweifte. Und ja, davon gab es viele. Einige treffender, andere vielleicht zu lang. Sie haben schon ganz schön ausgeholt, immer noch einen daraufgesetzt und teilweise leider zu viel drumherum geredet.

Ich finde, dass sie es im Film geschafft haben, mehr auf den Punkt zu kommen, ich hatte das Gefühl dass die Pointen einfach saßen und man mehr lachen musste. Im Theater haben sie zwar die Satire gut herübergebracht aber der Moment, wo man aus dem Lachen nicht herauskommt hat gefehlt. Es war etwas „um den heißen Brei herumgeredet“ und man saß da und hat immer auf die Pointe gewartet die sich leider ab und an etwas zog. Doch gab es auch sehr viele Momente, die gesessen haben. Gerade in der Produktionsfirma wurde es gesellschaftskritisch bis zum get no. Ich finde, sie haben den Schwerpunkt gut gelegt, haben sich viel auf die Medien und Verdummung der Menschheit durch Sendungen wie Frauentausch und Co. konzentriert. Mit dem Satz „Wir sind alle vermariobarthet“ hätte die karrieregeile Frau Bellini es nicht treffender beschreiben können.

Auch die restlichen Schauspieler waren gut besetzt. Gerade Martin Petschan, als Adolf Hitler, hat viel geleistet. Er hat zum seine ganz eigenen Interpretationen in die Rolle gelegt und konnte durch viele Details sehr authentisch wirken. Er ist eine sehr kleine, zierliche Person und es wirkte manchmal total niedlich, wie er auf der Bühne herumkommandiert. Sie haben geschafft, worauf ich gehofft hatte und was mir im Film bereits aufgefallen war: Durch die naive, verlorene Art die er verkörperte, sympathisierte er irgendwann mit dem Publikum.

Zwischenzeitlich hatte ich zugegebenermaßen etwas Angst, dachte sie bekommen die Kurve nicht. Es war vielleicht an manchen Stellen zu viel gewollt, wirkte etwas albern. Doch glücklicherweise haben sie den entscheidenden Moment abgepasst und das Stück wurde abgrundtief böse und scharfkantig wo man sich fragte: Darf man hier noch lachen?

Es war, bis auf einige Schwächen, wirklich gelungen. Eine tolle Leistung aller, ein guter Abend! Manchmal hätte ein bisschen weniger vielleicht mehr gegeben, ein paar treffende Pointen zur richtigen Zeit hätten es vielleicht stellenweise nicht so langatmig werden lassen. Ein paar Minuten weniger und ich wäre absolut begeistert! Trotzdem ein sehr empfehlenswertes Stück, welches sich quasi 1:1 am Buch orientiert und zum Schluss doch noch die Kernfrage stellt: Ist das, was 1933 passiert ist, heute auch noch möglich?

 

Das Stück läuft momentan an vielen Spielstätten in ganz Deutschland, ich habe es im Schauspielhaus Neubrandenburg gesehen.

 

Bildquelle: http://www.theater-und-orchester.de/repertoire/stueckinfo.php?id=1788 (offizielles Pressefoto)

 

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