MJ das Michael-Jackson-Musical: mutig, opulent, viele Hits

MJ MUsical

»You can’t win« und »I can’t help it« sind nicht nur zwei der unzähligen Hits von Weltstar und Popikone Michael »MJ« Jackson – sie sind auch bezeichnend für sein Leben, sein Wirken und nicht zuletzt für dieses Musical-Biopic. Kurz vor den Tonys 2022 feierte die Show unter der Regie und Choreografie von Christopher Wheeldon und mit einem Buch der Pulitzer-Preisträgerin Lynn Nottage ihre Uraufführung am Broadway. Vier Awards später bringt Stage Entertainment das Stück jetzt nach Deutschland. Frei nach dem Motto »Wenn nix hilft, hilft Jukebox«. Und zeigt damit endlich wieder, dass auch deutschsprachige Premieren Broadway-Qualität haben können. Ich war schon lange nicht mehr so positiv überrascht und kreativ inspiriert. 

Sitzplatzempfehlung: Reihe 13, mittig oder Hochparkett Reihe 1, mittig

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© Matthew Murphy

MJ das Musical: Feuer, Fahrstühle und Perfektionismus

Dabei hatte ich null Erwartungen. Ungefähr jeder Song führte bei mir zu der Erkenntnis: »Oh, das hat der auch geschrieben?« Von MJ selbst wusste ich nur, dass er 2009 gestorben ist und irgendwas mit Thrillern und Handschuhen machte. Doch die Show holte das Publikum von Anfang an in die Geschichte. Eingebettet in einen MTV-Dreh der Journalist:innen Rachel und Alejandro – souverän: Eve Rades, als herrlich-verpeilter Sidekick: Pedro Reichert – erzählt MJ von den Proben zu seiner »Dangerous«-Tournee 1992. Es geht um vier Kontinente, eine Menge Welthits, Feuer, Fahrstühle und Perfektionismus. Doch nach und nach öffnet sich Michael und lässt Rachel und sein Publikum hinter die Fassade der Kunstfigur blicken.

MJ MUsical Hamburg
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Da sind zunächst die Jackson Five. Die Familienband unter Manager und Vater Joseph Jackson. Er träumt von einem besseren Leben für seine Söhne und prügelt sie mit viel Drill auf die Bühne. David Hughey spielte Joseph bereits am Broadway, und das merkt man in wirklich jedem Moment. Da ist so viel Präzision im Spiel, so viel Antrieb, so viel Bühnenpräsenz. Seine Rolle legt bereits im jungen Kinderdarsteller (wie gut können Kinder bitte singen und tanzen!) des Michael die Grundlage für dessen spätere Brüche und Unsicherheiten – eine Kindheit hatte in dieser Familie niemand.

Das harmoniert perfekt - Broadway eben

An Josephs Seite Katherine Jackson, gespielt von Jessica Mears. Ihr berührendes Solo mit dem jungen Michael gehört zu einem der wenigen emotionalen Momente des Abends. Denn ja, auch wenn alles groß und perfekt ist, so bleibt die Show doch eher wie der echte Michael – etwas kühl und professionell. Es fehlte mir an echten Gänsehautmomenten. Irgendwann klingt es dann doch zu gleich und die Varianz, die man in Compilations oft vermisst, fehlt auch hier.

Und das Ensemble? Eine Klasse für sich. Zwischen den Proben-Choreos der »Dangerous«-Tour und Rückblicken auf MJs Hits wechseln sie mühelos – von Klassikern wie »Thriller« und »Smooth Criminal« bis zu Knallern wie »They don’t care about us« oder »Beat it«. Die Bühne bleibt dabei erstaunlich simpel, und gerade das macht die Show so stark: Licht, Effekte und Choreografie harmonieren perfekt. Broadway eben. Nur die Übergänge zwischen deutschem Dialog und englischem Gesang sind etwas holprig. Die Sprache wechselt plötzlich zu »La-La«-Songs und der Kontext verpufft. »&Julia« hat hier mit ersten Songzeilen auf Deutsch eine elegantere Lösung für das deutschsprachige Publikum gefunden.

Musical Hamburg Michael Jackson
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Ein DSDS-Gewinner wird zur Überraschung des Abends

Aber jetzt mal ehrlich: Der Elefant im Raum. Die wichtigste Frage des Abends lautet natürlich: Wie spielt der Darsteller des Michael Jackson? Oder besser gesagt: die Darsteller? Neben MJ gibt es auch Michael, als Übergang zur Kunstfigur. Kurz gesagt: beeindruckend. Ausführlicher? Gerne.

Die Überraschung des Abends ist definitiv Prince Damien als Michael. Der ehemalige DSDS-Gewinner ist schon länger im Musicalbiz zu sehen, wurde dort aber doch immer wieder belächelt. Ich wage zu behaupten: Damit ist jetzt Schluss. Für mich war er an diesem Abend Michael Jackson. Vor allem stimmlich trifft er den »Michael-Ton« perfekt, bleibt mühelos in seinem zart-melodiösen Singsang und bringt die »wilden Jahre« dieser Ikone auf den Punkt. Dem gegenüber steht Benét Monteiro. Als Kunstfigur MJ wirkt er etwas distanzierter, bleibt kälter und zurückhaltender. Doch auch er brilliert, vor allem im Opening des zweiten Aktes. Als er alleine auf der Bühne steht, den berühmten Handschuh anzieht und sein Solo tanzt, glaubt man für einen Moment wirklich, in einem Live-Konzert von Michael Jackson himself zu sitzen. Monteiro ist für mich gesanglich nicht unbedingt herausragend, brilliert aber mit jedem einzelnen Tanz und der schauspielerischen Gesamtleistung, die Tiefgründigkeit und Getriebenheit eines Genies wie Michael Jacksons für die Zuschauenden fühlbar zu machen.

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Für alle, die Jukebox lieben

All in all, für wen ist diese Show? Natürlich für MJ-Fans. Aber auch für alle, die Jukebox lieben. Für jene, die Tanzshows lieben, besondere Bühnenmomente, dramaturgisch spannende Inszenierungen. Diese Show hat mich seit langem mal wieder richtig inspiriert und in manchen Momenten sprachlos gemacht, weil sie so schnell und besonders erzählt wird. Trotzdem bin ich nicht sicher, dass ich sie mir ein weiteres Mal ansehen werde, einmal reicht. Aber dieses eine Mal solltet ihr gesehen haben. 



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