»Was passiert denn hier gerade?« – Musicaldarstellerin Steffi Irmen im Interview

Interview mit Steffi Irmen

Saftkuren, Hormone & Pizza

»Das wird etwas schwieriger«, ist Steffi Irmens direkte Antwort auf meine Interviewanfrage. Verständlich – während sie aktuell achtmal pro Woche »Ku’Damm 59« im Theater des Westens spielt, probt sie vormittags schon für ihre Soloshow »Die Amme« im selben Theater und stellt sich auf die parallel folgende Ensuite-Produktion »Romeo & Julia« ein. Kurzum: Arbeitspensum auf Anschlag. Oder wie Steffi sagt: »Nach der Derniere von »Ku’Damm 59« sind wir dann drei Wochen im Urlaub.«

Natürlich melde ich mich trotzdem bei ihr, als ich spontan für ein paar Tage in Berlin bin. Und siehe da: Spontan ist im Falle eines vollgepackten Probenplans immer die beste Idee. Und das, obwohl Steffi mich beinahe versetzt hätte, weil sie gerade eine Saftkur macht und wir eigentlich was essen wollten. Mit Wasserflaschen und ganz ohne Versuchung von leckerer Pizza haben wir es dann doch noch geschafft und uns nach ihrem langen Probentag getroffen. Natürlich ging es um die Amme; das Gefühl, wenn man das Theater des Westens dreimal hintereinander ausverkauft, Anrufe von Peter Plate und Ulf Leo Sommer am Morgen und – wie könnte es anders sein – Hormone. 

© Sunstroem

»Heute Morgen hatte ich zum ersten Mal einen Emotionalen, weil ich dachte: Wie soll ich das schaffen?«

Du hast gestern ein Video bei Instagram geteilt, wo du in den Proben für »Die Amme« sitzt, weinst und emotional ein bisschen fertig und ein bisschen glücklich aussiehst. Was ist vor diesem Moment passiert?

Ich erzähle mal, wie es mir gestern ging. Das war ein Mix aus Schauspiel, wie es in der Show ist, und trotzdem war ich super gerührt, weil das das dritte Mal war, dass ich hinter mir plötzlich Streicher hörte. Die sind neu und so krass. Heute habe ich auch noch zweimal geheult, obwohl ich sie jetzt schon kenne. Ich war in einer Situation, die es so identisch auch schon im letzten Jahr in den Previews gab und ich wollte das spielen, aber dann kam es so aus mir heraus. Das Kopfschütteln in dem Video zum Beispiel, das war ich privat. Ich denke mir da nur: Was passiert denn hier gerade?! 

Wie geht es dir damit?

Viel. Es ist im Moment wirklich viel. Heute Morgen hatte ich tatsächlich zum ersten Mal einen kleinen Emotionalen, weil ich dachte: Wie soll ich das schaffen? Die Musik wird so upgegradet, deshalb ändern wir viel – Instrumentalteile, Refrains. Auf all das muss irgendwas passieren. Und eigentlich habe ich dafür nächste Woche nur vier Tage Probe. Und dann habe ich nach meinem Urlaub nur eine Woche, die aber geteilt ist – vormittags »Die Amme« und abends »Romeo & Julia«. Es sind auch so viele neue Songs, das kann ich ja verraten. Alle, die nicht von Peter und Ulf waren, sind raus und deshalb sind andere Songs dazugekommen, die sie zum Teil auch selbst geschrieben haben. 

Einen Teil davon kann man aktuell schon hören. Ich war gestern im Theater und habe »Ku’Damm 59« geschaut, da lief dein Soundtrack im Ausgang. 

Ja, das ist neu, Ulf und Peter waren in London und haben das von dort mitgebracht. Jetzt haben sie das auch für das Theater übernommen, um Interesse für die Show zu wecken.

Lass uns nochmal zu den Anfängen gehen. Du hast eine klassische Ausbildung in einem ganz anderen Berufsfeld gemacht. 2013 hast du dann dein Musical-Studium abgeschlossen. Welche Rolle hat dich seitdem am meisten geprägt? 

Na ja, jetzt … die Amme. Auch ohne die Soloshow ist die Amme die Rolle meines Lebens. Das hätte ich erst nicht gedacht. Bis dato war es Mary Patrick aus Sister Act, die ich auch im Theater des Westens gespielt habe. Aber was jetzt alles aus der Amme resultiert, das ist immer noch komplett surreal. Ich habe ein Soloalbum aufgenommen. Dieses Jahr soll ich jeden Freitag diese Soloshow spielen. 

 

© privat

Steffi Irmen

wurde in Trier geboren, bevor sie für ihre Musicalausbildung nach Hamburg zog. Nach ihrem Abschluss 2013 spielte sie unter anderem in »Sister Act«, »Kinky Boots«, »Heisse Ecke« oder »Elisabet in concert« mit, bevor es sie zur Premiere von »Romeo & Julia« 2022 endgültig nach Berlin verschlägt. Seitdem arbeitet sie im Theater des Westens und verkörperte zuletzt Christa Moser in «Ku Damm 59«. 2024 folgte dann ihre erste Soloshow. Mit »Die Amme«, dem Spin-Off zu »Romeo & Julia«, das im Theater des Westens 2024 uraufgeführt wurde, steht sie ab diesem Jahr einmal wöchentlich auf der Bühne. 

»Die Tür hinter dir war noch nicht zu, da war klar, dass du das machst!«

Zur Premiere von »Romeo & Julia« war schnell klar, dass die Amme absoluter Publikumsliebling ist. War das geplant? 

Gar nicht, nein. Auch von niemandem in dieser Show. Wir haben normal geprobt und zum Beispiel »Hormone« haben Yasmina [Yasmina Hempel, erste Julia] und ich im letzten Jahr mit der Regie und dem Choreografenteam alleine gemacht. Beim Durchlauf des ersten Aktes waren wir dann alle zusammen. Ich kannte alles außer die Balkonszene und die anderen kannten beispielsweise »Hormone« nicht. Und da sind die Kolleg:innen schon ausgerastet und ich wusste gar nicht, was abgeht. Bis dahin lief alles recht normal, aber bei der ersten Preview ist das komplett durch die Decke gegangen. Und bei der Premiere sind die Leute während des Songs sogar aufgestanden.

Ich erinnere mich gut an diesen Moment. 

Was passiert denn hier? Und das setzt sich seitdem durch. 

Ich habe auch in Vorbereitung auf das Interview überlegt, wie es bei dir in den letzten Jahren alles durch die Decke ging. Als Zuschauer:in war man oft live dabei, wie das alles passiert. Wo wir nicht dabei waren, war das Casting. Ulf hat mal gesagt, du kamst in den Raum und sie wussten schon, dass du die Rolle bekommst. War das wirklich so? 

Ja, das weiß ich noch sehr gut (lacht). Das war mitten im Sommer, es war superheiß und ich bin nicht mal schick angezogen gewesen. Ich habe in Hamburg unterrichtet, bin morgens losgefahren, habe die Audition gemacht und bin wieder zurück. Als ich im Raum war, habe ich die Szene zweimal gemacht, »Hormone« gesungen und da schon gemerkt, dass sie begeistert sind. Und dann habe ich eine Woche später den Anruf vom damaligen Company Management bekommen, den ich schon lange kenne. Er meinte: »Steffi, die Tür hinter dir war noch nicht zu und es war klar, dass du das machst!«

War die Amme damals schon wie die Amme heute? Wie hast du die Rolle, ihren Sprachduktus, ihre Eigenarten entwickelt? 

Ich habe mit einem befreundeten Schauspieler die Texte gemacht, damit ich da nicht auf die Schnauze falle und irgendetwas falsch ausspreche. Der hatte mich auch für die Audition vorbereitet, wo ich dann auch ein Bild bekommen habe, wie ich es spielen soll. Die Amme war sehr normal und nicht so geschwollen, wie man vielleicht denkt. Dann hat es sich entwickelt. Ich hatte meinen Text drauf und während ich mit Yasmina zusammen gespielt und ausprobiert habe, sind ganz viele Dinge gewachsen. Vielleicht wäre es mit einer anderen Person an meiner Seite auch ganz anders entstanden. Ich finde es auch bis heute total schön, wie das zwischen uns als Kolleginnen gewachsen ist. Wir kennen uns schon ewig, sie war ganz früh eine Schülerin von mir. 

Die Amme Theater des Westens Musical Steffi Irmen
© Sunstroem

»Ich habe eine Show lang durchgeheult und wusste gar nichts mehr mit mir anzufangen.«

Dein Rollenprofil ist schon sehr häufig komödiantisch. Wie schwer ist es, jeden Abend lustig zu sein? 

Tatsächlich funktioniert das immer. Ich kann den beschissensten Tag haben und das klappt irgendwie. Bei Sister Act hatte ich zum Beispiel mal einen richtig, richtig schlimmen Tag. Und die zweite Show musste ich dann spielen, um da rauszukommen. 

Willst du erzählen, was passiert ist? 

Ja. Ich wurde verlassen, zehn Minuten vor Showbeginn. Am Telefon. 

Wow. Das tut mir jetzt echt leid. 

Es war auch voll schlimm, ich habe so geheult, hatte sogar Nasenbluten. Dann haben sie schnell umbesetzt. Ich habe eine Show lang durchgeheult, wusste gar nichts mehr mit mir anzufangen. Die zweite habe ich dann gespielt. Der Anfang war blöd, aber als ich drin war, bin ich den Film gefahren und mir ging es sofort besser. 

Steffi Irmen Sister Act
© privat

Ist das ein Coping-Mechanismus? 

Vielleicht. Aber es macht mir auch einfach Spaß. Dann geht es mir wirklich besser. Für mich ist das dann eher die totale Herausforderung, dass ich schlecht gelaunt sein muss, wie Christa Moser. Ich hatte ein paar Tage, an denen irgendwas im Theater passiert ist und ich wirklich sauer war. Da kam danach Lisa-Marie [Kollegin von Steffi], die Catherina Schöllack an dem Abend gespielt hat und sie meinte zu mir, dass sie richtig Angst vor mir hatte (lacht). Da war ich echt und es war nicht so krass schwer, das herzuspielen. 

Christa Moser, du sagst es. Die ist nach der Premiere von »Romeo & Julia« entstanden, als Peter und Ulf zu dir kamen und meinten, sie wollen dir auch in ihrer nächsten Show, nämlich in »Ku’Damm 59« , eine Rolle schaffen. Christa ist die Regisseurin des Heimatfilms, den die beiden Protagonisten Monika und Freddy drehen. Wie schwer war es, diesen Kontrast zu spielen? 

Die Rolle ist anders geworden als ursprünglich gedacht. Es sollte eigentlich sehr cholerisch und etwas lustig werden, weil das Vorgängermusical so ernst war. Im Endeffekt ist es dann aber doch eher schlecht gelaunt und sehr zynisch geworden. 

Und sehr laut. 

Ja, das ist schwer. Es brettert auch total auf die Stimme, ich bin nur am Schreien. Ganz ehrlich, ich bin auch froh, dass es jetzt bald vorbei ist. Anfangs habe ich gesagt, dass ich jetzt auch endlich mal wieder das Leben genießen kann, ein bisschen Alkohol trinken. Inzwischen will ich aber einfach nicht mehr schreien (lacht). 

Zum Spielen hat mir Christa aber mehr Spaß gemacht. Ich war mit einem Ensemble auf der Bühne und konnte mit denen spielen. Als Amme bin ich alleine auf der Bühne oder nur kurz mit Julia, Romeo und Pater Lorenzo. 

Eine Frage habe ich schon in einigen Interviews gestellt. Und wer, wenn nicht du, könnte sie mir jetzt beantworten. Catherina Schöllack und Christa Moser küssen sich. [Catherina Schöllack ist die konservative und sittenordentliche Mutter der Protagonistin und Leiterin der Tanzschule Galant ].
Ich saß in der ersten Preview und habe mich gefragt, was jetzt passiert. Nicht, weil sich zwei Frauen küssen, sondern weil ich die Rollenentwicklung für die beiden Rollen sehr inkonsequent finde. Mich interessiert deine Meinung dazu brennend. 

Ich verstehe dich absolut und glaube, ich kann da nochmal was ergänzen. Ich gehe zuerst auf dich ein. Ich finde es nicht inkonsequent für Christa. Sie steht auf Frauen und ist Hitler-bezogen. Bei Catherina lässt es sich tatsächlich etwas schwerer nachvollziehen. Ihre Gedanken- und Gefühlswelt und die Beziehung der beiden bekommen nicht die Aufmerksamkeit, die sie bräuchten, um dies verständlicher zu machen. Es gibt viele Menschen, die homosexuelle Züge in sich tragen, diese aber nicht akzeptieren können und deswegen vermutlich homophob werden.

Sie verachten diese Seite an sich so sehr, dass sich ein Hass entwickelt. Das gab und wird es auch leider immer geben. Und genauso erkläre ich mir Catherina. Eigentlich könnte sie sich dem hingeben, aber sie steht ihrem eigenen Glück im Weg. 

Steffi Irmen und Kiara Brunken

Ich will nicht sagen, dass Catherina lesbisch ist, aber ich glaube, dass sie grundsätzlich Liebe empfinden kann, wenn sie es nur zulässt. Christa löst irgendwas in ihr aus, merkt es aber gar nicht. 

Vor Probenbeginn, und ich glaube auch in der Serie, gab es sogar mal eine kleine Szene, in der Monika zu Catherina geht und sie darauf anspricht, dass sie sich so verändert hat und dass sie wie ein neuer Mensch wirkt. Dadurch hätte man vielleicht gemerkt, dass Catherina eine kleine Reise und positive Veränderung durch Christa durchmacht. 

Es gibt viele Rollen und viele Geschichten, die erzählt werden möchten, aber dafür ist im Stück einfach nicht genug Zeit. Alle Schubladen werden aufgemacht – dann wieder zugemacht. Mir persönlich fehlt das «Reinschauen und Durchwühlen«.

© privat

»Ich war wie auf Drogen.«

Stehst du als Steffi auch mal privat auf der Bühne? 

Für mich geht es doll darum, dass ich mich einbringen muss, damit es interessant ist. Natürlich kann ich zulassen und als Christa Moser sagen: »Wenn du Liebe pervers findest – go fuck yourself«. Das spricht auch aus mir, da finde ich meinen Zugang zu der Rolle. Steffi ist immer mit auf der Bühne, aber nie ohne Rolle. Da wüsste ich nicht, was passieren muss, damit ich pur bin. Es ist nicht mein Weg nur zu spielen, ich möchte immer Tiefe haben. Das sieht man beispielsweise auch an anderen Shows. Die Besetzungen sind immer relativ ähnlich, und trotzdem gibt es Personen, die wir besser finden, weil sie etwas von sich mit auf die Bühne bringen. 

Als Amme bist du jetzt ganz alleine auf der Bühne. Damals in den Previews hast du dreimal hintereinander das Theater des Westens ausverkauft und die Leute sind schon vor dem ersten Moment von dir auf der Bühne komplett ausgeflippt. Wie fühlt man sich dabei? 

Was ist gerade passiert? Vor der ersten Show war es am krassesten. Ich war backstage und dachte, ich breche gleich zusammen oder heule vor Nervosität und Rührung. Dann stand ich vor dem Vorhang und es kam der neue Einspieler: »Heute die erste Soloshow von Steffi Irmen!« Und dann ist eine Applauswelle passiert, die ich noch nie irgendwo in meinem Leben gehört habe. Nicht mal in einem Konzert. Und in diesem Moment ist ein Adrenalin-Schwall über mich gekommen und ich habe hysterisch gelacht. Ich habe mich umgedreht und die ganze Show in diesem Modus gespielt. 

Klingt ein bisschen, als wärst du auf Drogen gewesen. 

Ja, genau so hat es sich angefühlt. Ich kann dir nicht mehr viel von diesen Shows sagen. Es war dadurch aber sehr schwer, wirklich echte Sachen zu fühlen. Es hat in einem Euphorielevel stattgefunden, das nicht so eine Tiefe hat. Das war aber egal, ich musste das erstmal überleben alleine

Hattest du einen Plan B, falls du dich versingst oder versprichst? Es gab ja kein Backup. 

Nö. Ich habe ein paar Mal Lied- und Sprechtexte vertauscht, aber mich immer volle Pulle retten können. Und am Schluss – das ist dann typisch Steffi – ich schüttel immer den Kopf, wenn irgendwas unfassbar ist. Und ich weiß gar nicht, wie oft ich da den Kopf geschüttelt habe.  

Meinst du, du wirst durch die Regelmäßigkeit jetzt einen anderen Zugang zur Rolle finden? 

Ja, das hoffe ich. Ich denke, dass ich »routinierter« werde, dass ich dieses Level da oben ein bisschen verlassen kann, um dem eine echte Tiefe zu geben. Die Show hat fantastische emotionale Stellen und die zu bedienen wie in den Proben, das wäre mein Ziel. Manchmal konnte ich nicht mehr singen, weil ich so geheult habe, das war aber scheißegal, weil jeder andere auch geheult hätte. Sowas möchte ich gerne zulassen können, das ging nur nicht wegen diesem Adrenalinstoß. 

»Wie wegen der Soloshow?!«

Wie kam es zu dieser Soloshow, war das eine Schnapsidee?

Hm Hm (lacht). Das war drei Tage später nach dem Musicaltheaterpreis vorletztes Jahr. Peter und Ulf haben mich drei Tage später angerufen, weil sie sich vorher irgendwie nicht getraut haben, weil sie nicht wussten, was sie sagen sollen, weil ich den Preis nicht gewonnen habe. Es war ganz süß, alles war okay, aber sie wusste nicht, was sie sagen sollen. Dann haben wir geredet und es ist random passiert, dass wir über Marcella Rockefeller gesprochen haben, ob ich jemanden kenne, der kleine Übergänge schreibt. Und dann habe ich von Lucas und Franzi erzählt, die für den Musicaltheaterpreis die ganzen Moderationen geschrieben haben. Ich kannte sie, habe mit ihnen zusammen ein Stück gemacht. «Ah ja, weißt du, was das kostet?« Das wusste ich nicht. 

Aber eine andere Freundin hatte ich mal gefragt, ob sie sich vorstellen kann, mir für das Schmidtchen-Theater eine Soloshow zu schreiben. Da hatte sie mir damals ein bisschen was erzählt. Und Ulf und Peter so: »Ach, du willst sowas auch machen?« Dann haben sie aufgelegt. 

Am nächsten Tag, morgens um zehn, Peter und Ulf: 

»Ja?«

»Nochmal wegen der Soloshow …«

»Wie, wegen der Soloshow?«

»Das ist eine richtig gute Idee, lass uns das mal in Angriff nehmen.«

 

Steffi Irmen ist die Amme
© privat

Ich habe aufgelegt. Zu Kiara [Steffis Partnerin] geguckt und gelacht. Jaja, schon klar Soloshow. Sowas gab es noch nie. Es gab Konzerte und kleinere Solo-Shows, aber eben nicht im Theater des Westens und zwei Stunden lang. 

Und dann nochmal, sie riefen an, es ging wieder um diese Show. 

Zwei, drei Tage Ruhe. Und es ging sofort los: 

»Du Steffi, die Amme. Wir haben die Finanzierung durch für das Solostück.«

»WAS HABT IHR?!«

Kurz darauf rief mich Lucas an. Sie hätten eine Anfrage für ein Solostück für mich und ob ich mir das zutraue. Wenn ja, würden sie zusagen. Ich habe das bejaht. Und dann ging es in Riesenschritten los. Das war Oktober. Am fünften Januar war Kartenvorverkauf und ich habe die Texte dann im Urlaub gelernt. 

Hast du das in dem Moment alles so realisiert?

Emotional bin ich immer noch nicht richtig angekommen, das kommt erst in diesem Jahr, denke ich. Aktuell ist das alles einfach nur aufregend. Mittlerweile habe ich viermal dieses Stück gespielt, war im Sommer in den Hansa Studios, wo die Rolling Stones ihre Musik aufgenommen haben. Jetzt habe ich dort mein Soloalbum aufgenommen. Und momentan arrangieren wir die Songs gerade für die Bühnenversion mit der Band neu.

Gibt es eigentlich ein Cover für die Amme? 

Ein Notfallcover. Aber wirklich nur, wenn nichts mehr geht. 

Das stelle ich mir ganz schön stressig vor. Ja, aber das muss ich ausblenden, sonst mache ich es mir selbst sehr schwer. Bei »Romeo & Julia« habe ich dann aber nur drei Shows die Woche. Ich hoffe, dass das für die Stimme reicht. Wir sind aber alle darauf eingestellt, dass das noch ein bisschen variiert werden kann.

»Es war nie so ein Gefühl wie jetzt gerade.«

Um dich selbst zu etwas zu etwas zu überwinden, musst du innerlich bis drei zählen. So hast du es mal erzählt. Wann war das das letzte Mal so? 

Ich kann mich leider gerade gar nicht wirklich erinnern.

Das kann auch etwas ganz kleines sein. Eine banale Situation, in der ich dich beispielsweise nicht unterbrechen möchte, obwohl ich zur Toilette muss. 

Kannst du dich an einen besonders berührenden Bühnenmoment erinnern? 

Ganz klar, ich werde mich immer an das Opening der Amme erinnern – an diesen Rausch. Und auch das Ende, »Wie schön du bist«. Oder »Hormone« bei der Premiere von »Romeo & Julia«. Ich habe vorher schon größere Rollen gespielt, aber es war nie so ein Gefühl wie jetzt gerade oder in diesen Momenten.

Was war das mutigste, das du jemals auf einer Bühne gemacht hast? 

Das ist schwer. Puh. Mir fällt natürlich der Satz ein: »Wenn du Liebe pervers findest, dann tust du mir leid«. In diesem Moment bin ich so, wie ich auch privat bin. Und sie sehen auch, dass ich offen lesbisch bin. Das ist ein schöner, mutiger Moment. 

Macht dir das Angst? Dass Leute nicht zwischen dir und Christa unterscheiden können? 

Ja, voll. Vielleicht keine Angst, aber Respekt. Doch bisher bin ich gesegnet. Ich wurde zum Glück noch nicht wirklich angefeindet. Aber wenn man sich die politische Situation ansieht, denkt man schon manchmal darüber nach, wo man hingehen würde, wenn es doch eskaliert. Aber eigentlich will ich gar nicht weg! So schnell lassen wir uns nicht vertreiben!

Wenn du eine Botschaft an die Musicalwelt geben könntest, welche wäre das?

Meine Lieblingsworte aus »Kinky Boots«: »You change the world when you change your mind.« Und: »Sei du, so wie du willst, nicht damit du nur irgendein Bild erfüllst!«.

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