Musical nach Victor Hugo mit Musik von Claude-Michel Schönberg
Staged concert, London 2019/2020
red, the blood of angry men/ black, the night that ends at last!⠀
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Jean Valjean wird nach zehn Jahren Sklaverei freigelassen und beginnt mit Ziehtochter Cosette in Frankreich ein neues Leben. Zur Zeit der Revolution kämpfen junge Studenten, darunter Marius Pontmercy, später Geliebter Cosettes, Gavroche, Eponine und Enjolras für Freiheit. Doch auch Javert, Schützer des Staates und Widersacher Valjeans geht den Pfad der Gerechten …
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Ich bin zwiegespalten ob der musikalischen half-staged-Produktion dieses Klassikers, die hier und da zur up-tempo-Interpretation mutiert. Gerade zu Beginn fallen viele ausgesungene Balladen der Inszenierung zum Opfer, wodurch das Musical nicht nur um 30 Minuten gekürzt ist, sondern an entscheidenden Stellen Tiefgang verliert. Ich empfehle zuvor den Blick in’s Libretto.⠀
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Und trotzdem versprüht die Show den Les Miz-Charme, was zweifelsohne am starken Timbre einiger Darsteller und dem Doppelorchester liegt. Energisch durch den Javert eines Michael Balls; schnarrend, mit Mundart durch die Thenardiers, Secombe und Lucas; einer stark gerifften, poplastigen Eponine in Interpretation von Shan Ako oder – allen voran – dem Traumgespann: Kinderdarsteller Gavroche (Logan Clark) und Enjolras (Bradley Jaden), die mutig und vor allem sehr musikalisch mit Terzen und Doppelstimmen auf klassisch interpretierte Nummern angesetzt sind. Hingegen weniger überzeugend: DAS Paar, Marius und Cosette – zu unauffällig, wenig Energie, will man nicht wirklich hören und gehen im starken Vibrato des Tenors Alfie Boe, der den Valjean mimt, regelmäßig unter. ⠀
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Szenisch ist die Show gut, insbesondere ‚The Battle‘ guckt man sich gerne an. Leider wurde gerade hier viel gestrichen und variiert, es fehlen zum Teil ganze Schlüsselszenen. Entweder man staged komplett, oder spielt auch lange Szenen aus. Ansonsten stirbt Eponine schonmal im dreifachen Tempo, erstickt Valjean am eigenen Text und bekommt Marius in seiner Trauerballade Schnappatmung – durchaus amüsant.⠀
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Kurzum: Mal was anderes. Stellenweise sehr klassisch, dann wieder die Tendenz zur hektischen Comedy. Ein bisschen gereifter inszeniert hätte die Tour sein können. Trotzdem ein Muss für Liebhaber!⠀