Stunde der Flut [Garry Disher]

Garry Disher Stunde der Flut

Kriminalroman von Garry Disher
Unionsverlag, 24,00 € (Hardcover), 19,99 € (E-Book)

Das ist ein großartiges Familiendrama, ein fantastischer Krimi – kurzum: ein brillanter Roman.

Der Polizeidetektiv Charlie Dreavin wird wegen eines Vorfalls vom Dienst suspendiert. Seinen Zwangsurlaub verbringt er in dem beschaulichen Küstenstädtchen Menlo Beach. Dort ist er aufgewachsen, und dort verschwanden vor zwanzig Jahren erst der kleine Billy und kurz darauf seine Mutter. Charlie und sein Bruder sind davon überzeugt, dass ihr ehemaliger Untermieter oder ihr Vater, ebenfalls Polizeibeamter, mit dem Fall zu tun haben,
doch die Ermittlungen führen ins Nichts. Als jetzt jedoch ganz in der Nähe des Hauses seiner Mutter plötzlich ihre Leiche sowie die Leiche von Billy auftauchen, werden die Untersuchungen wieder aufgenommen. Charlies Vergangenheit holt ihn ein und er beginnt selbst mit der Lösung des Falls.

Klingt erstmal wie ein klassischer Kleinod-Krimi? Nicht mit Disher! Statt sich mit Meuchelmord und ewigen Ermittlungen aufzuhalten, entwickelt er auf den ersten zweihundert Seiten erstmal nur seinen Protagonisten Charlie und eine verdammt gute und dichte Geschichte. Ich mochte vor allem dessen Selbstreflexion und Wachstum an den aktuellen Themen, die auf ihn einprasseln – toxische Männlichkeit bei der Polizei, Demütigung von Frauen nach einem angezeigten Missbrauch und natürlich die eigene traumatische Vergangenheit. In einer einzigen Handlungsebene und mit keinem Wort zu viel führt Disher durch den Roman, gönnt sich hier und da ein paar Einschübe von Krimi, dann wieder ein bisschen Familiendrama, ab und zu eine Prise Humor und ganz viel Spannung. Es ist vor allem die Leichtigkeit, die dieser Roman hat. Als Leserin stolperte ich über keine Formulierung, musste mich nicht mit seltsam konstruierten Verwicklungen rumschlagen oder brutalste Beschreibungen über mich ergehen lassen. Im Gegenteil, durch die letzten hundert Seiten bin ich geflogen, wusste kurz vor dem Finale immer noch nicht wirklich mehr und bin dann zufrieden zu dem Schluss gekommen, dass an diesem Roman wirklich alles passt. Und zu dem Schluss, dass Disher wirklich sehr unterschätzt wird in Deutschland. Und dass sich das unbedingt ändern muss. Deshalb: LEST ALLE DISHER!

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