Yellowface [Rebecca Kuang]

rebecca kuang schreibt yellowface

TIME sagt: “Rasiermesserscharf!” Ich möchte ergänzen: Was für eine verdammt pointierte Satire zum Thema Diskriminierung in der Verlagsbranche. Das Buch ist seinen Hype sowas von wert und definitiv eines der besten Bücher bisher aus diesem Jahr.

Die aufstrebende Autorin June durchläuft eine klassische Verlagskarriere: Jemand sieht
Potenzial, man will sie groß rausbringen, niemand kauft ihr Buch, alle haben’s ja gesagt. Athena dagegen ist wirklich erfolgreich, eine Bestsellerautorin. Aber sie ist auch Chinesin. Und überhaupt nur deshalb erfolgreich, weil niemand mehr die Geschichten von weißen Mädchen lesen möchte. Sagt June. Als June Zeugin wird, wie Athena plötzlich verstirbt, ergreift sie ihre Chance und gibt sich als Autorin von Athenas neuem Manuskript über die Heldentaten chinesischer Arbeiter während der Weltkriege aus. Wie weit geht jemand, der sein Leben lang nur Ablehnung erfahren hat, für den ganz großen Erfolg?

Ja, das Buch hat seine Kontroversen und viele sind vermutlich schon raus, weil im Roman gegendert wird (🤝❤️). Dazu kommen Diskurse zur Cancel Culture, kultureller Aneignung, Own Voice-Literatur und all den Themen, die liberale Marketingabteilungen in Verlagen nur allzu oft versemmeln und über die sich versnobte Mittfünfziger auf Buchmessen dann gerne beim Riesling auslassen. Protagonistin June ist für mich eine so dermaßen unsympathische Antiheldin, dass es einfach nur frustriert zu lesen, wie viel Dreistigkeit sich da durchsetzt. Ich hab’s komplett geliebt, glaube aber auch, dass eine gewisse Vorbildung in Sachen Rassismusdebatte für diese ungefilterten Schubladengedanken der Protagonistin von Vorteil ist. Yellowface ist spitz, eloquent und genau die Art von gesellschaftskritischer Literatur, die ich noch viel mehr in den Top-Titeln der Verlage sehen möchte. Chapeau, Eichborn!

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